Unterwegs in der Ferienregion
Jacky – die Gästeberaterin
Früher Morgen während der Wintersaison. Noch ist es ruhig in der Gästeinformation Savognin. «Das kann sich aber schlagartig ändern», sagt Jakobina Guetg, die von allen «Jacky» genannt wird. Auch wenn gewisse Aufgaben planbar sind, sei der Alltag in der Gästeinformation unberechenbar – «eine Wundertüte», so Jacky, die diese Arbeit seit 22 Jahren ausübt. «Das Wetter ändert, ein neues Angebot wird eingeführt oder in den Medien kommt ein bestimmtes Thema auf – und schon sieht unser Arbeitstag ganz anders aus.»
Jacky leitet die Gästeinformation im Val Surses und bei ihr kommen alle Informationen aus dem Tal zusammen, nicht nur über Angebote, Events und die touristische Infrastruktur, sondern auch über Angelegenheiten, die nicht direkt den Tourismus betreffen. «Die Gästeinformation muss Bescheid wissen, über möglichst alles. Denn wir sind die erste Anlaufstelle für Gäste und auch für viele Einheimische. Selbst wenn es nicht um ein touristisches Angebot geht, fragen die Leute bei uns nach oder platzieren eine Reklamation.»
«Ein Geschenk, hier zu arbeiten»
Im Gespräch mit der erfahrenen Gästeberaterin spürt man, dass sie Menschen mag und sich für ihre Anliegen und Fragen ernsthaft interessiert. Leute, die eintreten, haben sofort Jackys vollste Aufmerksamkeit. Sie strahlt eine unaufdringliche, in sich ruhende Präsenz aus, die sowohl die Gäste als auch die Mitarbeitenden spüren und schätzen.
Gäste zu beraten, ihnen zuzuhören, Fragen zu beantworten und ein passendes Angebot zu suchen und zu buchen, ist für die 61-Jährige nicht einfach ein Job, sondern eine Herzensaufgabe. «Ich komme wirklich jeden Tag gerne zur Arbeit», sagt sie. «Für mich ist es ein Geschenk, hier arbeiten zu dürfen, in meiner Heimat, die ich liebe, mit einem guten Team und ohne ins Auto steigen zu müssen. Ich habe einen wirklich schönen, aber auch anstrengenden Beruf.»
Grösseres Angebot als früher
Die Arbeit in der Gästeinformation hat sich gemäss Jacky stark verändert in den vergangenen 20 Jahren. Natürlich wegen des Internets, viele Auskünfte werden heute bequem per Smartphone eingeholt und auch Events und Ferienwohnungen online gebucht. Folglich sind Schalterbesuche und Telefonanfragen stark zurückgegangen. «Die Digitalisierung hat uns viele Aufgaben erleichtert und teilweise sogar ganz abgenommen», sagt Jacky. «Andererseits kommen laufend neue Kommunikationskanäle und Plattformen wie zum Beispiel outdooractive oder booking hinzu; darauf Daten einzupflegen, nimmt viel Zeit in Anspruch.»
Ein weiterer Unterschied zu früher sei, dass das Angebot im Tal viel grösser und vielfältiger geworden ist. Die Gäste von heute hätten mehr Interessen, was die Beratung und Betreuung entsprechend aufwändiger mache. Viel Freude und auch Erleichterung hat die Neugestaltung der Gästeinformation Savognin im Frühling 2023 gebracht. «Der Empfang ist offener geworden. So sind wir einerseits näher bei den Gästen, andererseits haben wir nun einen Arbeitsplatz, wo sich eine Person jeweils zurückziehen kann.»
Gemeinsam, Hand in Hand
Als Chefin achtet Jacky auf einen guten Umgang im Team. «Nur wenn sich alle wohlfühlen, können wir gute Arbeit leisten. Gemeinsam, Hand in Hand.» Wichtig sei, anzuerkennen, dass ein Team immer Stärken und Schwächen habe. «Jeder bringt Seins mit. Je besser man das annehmen kann und sich kennt, desto besser kann man damit umgehen.» Auch mit Reklamationen hat Jacky gelernt umzugehen: «Oft möchten Menschen einfach ‚gehört‘ oder ‚gesehen‘ werde», so die feinfühlige Frau. «Und die Gästeinformation ist ihre Anlaufstelle, um Punkte loszuwerden, die ihnen auf dem Magen liegen.
20 Jahre im Gastgewerbe
Aufgewachsen ist Jacky auf einem Bauernhof in Savognin als Jüngste von fünf Kindern. Der Vater war aus Savognin, die Mutter aus Zell am See in Österreich. Zu Hause wurde daher Romanisch und Deutsch gesprochen, was zu dieser Zeit etwas Besonders war. Ebenfalls nicht alltäglich war, dass die Familie regelmässig nach Österreich fuhr, um Verwandte zu besuchen. «Vielleicht liebe ich darum Sprachen und das Reisen so sehr», meint sie lachend.
Bevor Jacky Gästeberaterin wurde, war die Gastronomie ihre grosse Leidenschaft. Zum ersten Mal als Kellnerin jobbte sie mit 17 während eines Sprachaufenthalts im Welschland. Gut 20 Jahre arbeitete sie im Gastgewerbe, in Bad Ragaz, in Bülach und sieben schöne Jahr im Bela Riva in Savognin, wo sie ein bekanntes Gesicht war. Nach einem längeren Sprachaufenthalt in London ging sie ins Münsterhöfli, welches als älteste Gaststätte der Stadt Zürich gilt. Auch hier gefiel es der Powerfrau, die den Kontakt mit Menschen einfach mag. Doch plötzlich ging es mit Rückenschmerzen los, täglich zehn bis zwölf Stunden auf den Beinen zu sein und schwere Tabletts zu tragen, hatte ihrem Rücken nicht gutgetan. Weil sie die Arbeit als Kellnerin aber so mochte, blieb sie vier weitere Jahre im Gastgewerbe, bis sie einfach nicht mehr konnte.
Die Familie als Rückhalt
Jacky war verzweifelt und am Tiefpunkt. Schliesslich entschied sie sich für eine Umschulung, absolvierte im Abendkurs die Handelsschule – und bekam bald darauf eine Stelle bei der Gästeinformation in Savognin. «Ich war extrem nervös, da ich kaum Computererfahrung hatte und mit 39 etwas völlig Neues machen musste», erinnert sie sich. Doch die sympathische und zielstrebige Jacky lebte sich schnell ein und wurde bald zu einer wichtigen Führungsperson.
Rückhalt gab ihr stets die Familie, die ihr sehr wichtig ist: die Geschwister, Neffen und Nichten. «Auch heute noch gehe ich mit meinem 19-jährigen Göttibub gerne an einen HCD-Match nach Davos», sagt Jacky, die ein Eishockey-Fan ist. Ihre Freizeit verbringt sie gerne in der Natur, beim Spazieren, Wandern, Schlitteln oder Skifahren. Weitere Hobbys sind Linedance und Astrologie.
Was sich Jacky wünscht, ist, dass nicht alles als selbstverständlich angesehen wird, und auch mehr Dankbarkeit. Sei es im Leben allgemein oder im Alltag auf der Gästeinformation.
18’694 Gästekontakte im Jahr
Neben Jacky Guetg (90%) arbeiten in der Gästeinformation Savognin zwei weitere Personen (je 70%) sowie ein Lernender. Dazu kommt eine Gästeberaterin in Bivio (im Leistungsauftrag von Schneesport Bivio). Insgesamt haben diese Mitarbeitenden mehr als 18'500 Gästekontakte im Jahr. Im Geschäftsjahr 2022/2023 waren es exakt: 6484 per Telefon, 6466 am Schalter, 5019 via E-Mail, 156 als Prospektversände sowie 569 mit Offerten.
Zwei Ausflugs-Tipps von Jacky
Im Winter kann ich die Rocabella-Rundtour bei Bivio empfehlen (Route 341) – eine herrliche Winterwanderung in der grandiosen Bergwelt zwischen Julier- und Septimerpass. Im Sommer ist das Val d’Err ein guter Tipp. Am besten mit dem Bike- und Wanderbus nach Pensa fahren und dann den Bach entlang talauswärts laufen. Mit etwas Glück sieht man Murmeltiere am Wegrand.»