Tour de Suisse / Donnerstag, 19. Juni 2025 / Durchfahrtszeiten: Bivio 13.00 Uhr, Rona 13.15 Uhr, Savognin 13.20 Uhr

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Alfons Cotti – Biobauer, Tüftler und Sattelbauer

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Alfons Cotti ist ein grosser Pferdefreund und beharrlicher Tüftler. Eine gute Kombination, die zur Erfindung eines neuartigen Sattelsystems geführt hat. Seine gefederten Sättel geben dem Pferd mehr Bewegungsfreiheit und Reitern trotzdem den gewünschten Halt. Wir haben den Horseman in seiner Werkstatt in Sur besucht.

Die Werkstatt von Alfons Cotti steht in Sur. Sie ist geräumig, hell und bietet einen schönen Blick auf die Berge. Fonsi, wie er von allen genannt wird, stellt hier Sättel von erster Güte her: klassische Pferdesättel sowie Western- und Freizeitsättel, je nach Kundenwunsch.

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Ein neuer Ansatz für Sättel

Qualitätssättel made in Sur! Ebenso bemerkenswert ist das Sattelsystem, das Fonsi selber entwickelt hat. Dank der Idee, Federelemente zu integrieren, passt sich der Sattel den Schulterbewegungen des Pferdes an. Ein komplett neuer Ansatz in der Sattelbautechnik. «Herkömmliche Sättel haben vorne ein starres Kopfeisen. Das ist unangenehm für das Tier und vor allem bei längerem Ausreiten auch schmerzhaft», erklärt der Pferdeliebhaber. «Die Schulterpartie des Tieres ist ja ständig in Bewegung, daher entstehen Druckpunkte. Das wollte ich verbessern.» Seine Lösung: Das starre Kopfeisen mit flexiblen Elementen ersetzen, die den Druck absorbieren und dem Pferd mehr Komfort bieten.

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Beharrlich bis zum Ziel

Klingt einleuchtend und relativ simpel – dachte auch Fonsi. «So einen Sattel selber zu bauen, wird doch keine Hexerei sein», sagte er sich und startete sein Vorhaben. «Anfangs war es reine Naivität, denn es ist hochkomplex», lacht er verschmitzt. Doch Alfons Cotti ist einer, der nicht so schnell aufgibt, wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat. Je kniffliger es wurde, desto mehr spornte es ihn an, Lösungen zu finden. Jahrelang hat er gepröbelt und getüftelt, recherchiert und ausprobiert, über Ideen gebrütet und wieder verworfen. Inzwischen funktioniert sein patentiertes «Federtrigon-Sattelsystem» bestens – für das Pferd genauso wie für den Reiter.

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Von Sur in die Provence geritten

Anstoss für seine Erfindung gab ein langes Abenteuer. Nach einer turbulenten Zeit brauchte er 2009 eine Auszeit. Also packte er zwei Pferde und zog los, um von Sur bis in die Provence zu reiten. Während den langen Reittagen kamen jedoch bald Schwierigkeiten bei den Pferden auf. Das Problem stellte eindeutig der Sattel dar, wie Fonsi erkannte. Also begann er über bessere Sättel nachzudenken. «Die Reise in die Provence war das Beste, was ich machen konnte», sagt er rückblickend. Und zeigte dem Pferdemenschen, wie wenig man doch braucht, um glücklich zu sein. Eine weitere Erkenntnis blieb Fonsi besonders haften: «Es gibt überall gute Menschen.»

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Dinge einfach selber herstellen

Das Sattelthema liess Fonsi seither nicht mehr los. Wieder zurück in Sur, fing er an, Pferde und ihre Bewegungsmuster genauestens zu beobachten. Schnell stellte er fest, dass vor allem die Schultern stark belastet werden unter dem Sattel. So entstand der Gedanke, ein System zu entwickeln, das sich dem Pferd anpasst und ihm mehr Bewegungsfreiheit schenkt. Er tauschte sich mit Reiter*innen, Fachleuten, Sattelherstellern und Pferdeliebhabern aus, hörte gut zu, kombinierte – und begann eigene Sättel zu konstruieren. Fonsi eignete sich das nötige Wissen autodidaktisch an.

Seinen Erfindergeist und das handwerkliche Geschick hat er in den Genen. Aufgewachsen in einer Bergbauernfamilie in Sur, war er sich gewohnt, dass man Dinge, die man benötigt, einfach selber herstellt. «Das hat mich sicher geprägt.»

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Die Verbundenheit zu Tieren

Auch zu Tieren hatte er schon als Kind einen engen Bezug, besonders zu Pferden. Allerdings lernte Fonsi erst spät reiten, mit 39 Jahren. «Mein erstes Pferd, Lula, war jung und unerfahren, genauso wie ich. Dann trat Sandrina in mein Leben – ein Pferd, das mir mit unglaublicher Geduld das Reiten beibrachte. »Doch es waren nicht nur die schönen Momente, die ihn viel über Natur und Tier lehrten. Seine über 100 Stürze haben ihn in Demut, Geduld und Vertrauen geschult, aber körperlich nie geschadet. «Ich glaube fest daran, dass ich das dem Wohlwollen meiner Pferde verdanke. Durch sie habe ich gelernt, meine Ängste loszulassen und die wahre Freude am Reiten zu finden.»

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Ein Pferd muss sich wohlfühlen

Auf ausgedehnten Reittouren durch die Alpenländer entwickelte Fonsi die Überzeugung, dass ein Pferd, das sich nicht wohlfühlt, keine Freude empfinden kann. Er ist ein wahrer Horseman, der diese Tiere versteht und mit ihnen feinfühlig zu kommunizieren weiss. Zudem ist er Mitglied der «Long Riders’ Guild», einer internationalen Organisation, die sich Reitexpeditionen über lange Distanzen widmet und den ethischen Umgang mit Pferden fördert.

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Lebemensch und engagiert

Fonsi ist auch gerne unter Menschen und lacht viel. Er war langjähriger Gemeindepräsident von Sur und unter anderem Präsident von Bio Grischun und im Vorstand von Bio Suisse. Sur und die Alp Flix sind bis heute seine Heimat geblieben. «Ich bin immer gerne gereist und auch immer gerne zurückgekehrt», sagt der Vater von fünf Söhnen. Als junger Familienvater haben er und seine damalige Frau 1987 den elterlichen Hof in Sur übernommen und später einen Hof auf der Alp Flix gepachtet und laufend ausgebaut. Der alte Kuhstall wurde hier zur Gaststube, daneben entstanden Jurten, die sich zwölf Jahre lang grosser Beliebtheit erfreuten. Dazu kamen Reitangebote für Anfänger und Fortgeschrittene. Mittlerweile führen die beiden jüngsten Söhne den Bauernhof und stellen unter anderem den beliebten Flixer Schafkäse her. Zwei weitere Söhne leben ebenfalls im Surses und sind handwerklich tätig, einer ist mit seiner Familie nach Neuseeland ausgewandert.

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Ein Herzensprojekt

Alfons Cotti ist nun 60 Jahre alt. Sein Ziel für die nächsten Jahre ist es, sein Federtrigon-Sattelsystem zu etablieren. Er glaubt daran, seine Kunden seien durchs Band sehr zufrieden mit den innovativen Sätteln aus Sur. Zurzeit ist es Fonsi möglich, etwa einen Sattel pro Woche herzustellen, massgeschneidert auf das jeweilige Pferd. Der nächste Schritt ist, die Produktion zu erhöhen und einen Vertrieb aufzubauen. Er ist auf der Suche nach Partnern, um seine Erfindung in die Reitszene zu tragen. Dabei habe er keine Berührungsängste vor modernster Technologie, die er bereits gezielt einsetzt.

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Fonsi geht es weniger um wirtschaftlichen Erfolg, für ihn ist es ein Herzensprojekt zum Wohl der Tiere. «Ein schlechtsitzender Sattel kann die Gesundheit des Pferdes ernsthaft gefährden. Doch das Pferd als stolzes, aber auch folgsames Tier zeigt dies nicht.» Das sei eine Schwierigkeit – und vielleicht der Grund, warum sich Sättel seit ihrer Erfindung vor rund 1600 Jahren nicht wirklich grundlegend verändert haben. Sorgt nun ein findiger Tüftler aus Sur für eine Revolution auf dem Sattelmarkt? Man darf gespannt sein.

Text: Franco Furger und Bettina Bergamin
Fotos: Bettina Bergamin, Mattias Nutt

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Cotti Horse – hochwertige Pferdesättel

Sattelbautechnik mit innovativer Federtrigon-Technologie anstelle des traditionellen Kopfeisens. Alfons Cotti fertigt Freizeit-, Western- und klassische Sättel an in verschiedenen Grössen.

Kontakt: info@cotti.horse oder Tel. 079 554 74 56