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Präsentation des «Weissen Turms» von Mulegns

Weisser Turm Mulegns
Origens © Benjamin Hofer
Im Passdorf Mulegns soll ein Weisser Turm gebaut werden, ein komplett digital gedrucktes Gebäude, das von literarischen Himmelsreisen, vom Heimweh der Bündner Emigranten und nicht zuletzt vom kühnen Geschmack der Mulegnser Zuckerbarone erzählt. Das Gebäude bietet Raum für Kunstinstallationen, Hörspieltouren und Theateraufführungen. Der Weisse Turm demonstriert den eindrücklichen Formenreichtum digitaler Fabrikation und setzt neue Massstäbe im nachhaltigen Umgang mit Beton. Er soll darüber hinaus die reiche Kulturgeschichte des Ortes weitererzählen, einen sanften, substantiellen Tourismus befördern, wertvolles digitales Knowhow in den Bergkanton bringen und ein aussterbendes Dorf retten. Der Weisse Turm soll für fünf Jahre stehenbleiben. Er kostet rund CHF 3.5 Mio. und soll im Sommer 2022 vor Ort gedruckt werden.

News 22.06.2021

DER WEISSE TURM VON MULEGNS – ZUSAMMENFASSUNG

Kulturelle Einbindung
Der «Weisse Turm» von Mulegns ist ein komplett digital gedrucktes Gebäude, das Raum bietet für Kunstinstallationen, Hörspieltouren und Theateraufführungen. Der kühne Formenreichtum des Turmes erinnert an das grosse handwerkliche Können der Bündner Baumeister und Stuckateure des Barockzeitalters und erzählt von den weit gereisten Zuckerbäckern, die bis zum Ersten Weltkrieg halb Europa mit extravaganten Süsswaren bedienten und das Dorfbild von Mulegns entscheidend geprägt haben.

Technische Dimensionen
Der «Weisse Turm» wird eine der höchsten Bauten sein, die je im 3D-Verfahren von Robotern gedruckt wurden. Zusammen mit dem historischen Sockel, auf dem der Turm zu stehen kommt, beträgt die Gesamthöhe 29 Meter. Der Durchmesser des Turmes an seiner breitesten Stelle beträgt 9 Meter. Der Theatersaal unter der Kuppel fasst 45 Besucher. Der Turm wird aus vorgefertigten 3D-gedruckten Elementen konstruiert, die insgesamt aus über 4000 Druckschichten bestehen. Jede Druckschicht hat eine Höhe von 5mm und eine Breite von 20mm..

Digitale Fabrikation
Der «Weisse Turm» demonstriert die bahnbrechenden Möglichkeiten der digitalen Fabrikation, die sowohl den architektonischen Entwurf als auch die digitale Fertigung umfasst und das herkömmliche Bauen in den kommenden Jahren grundlegend revolutionieren wird.

Überzeugende Nachhaltigkeit
Der 3D-Druck reduziert den Materialverbrauch, benötigt keine Schalung mehr, ermöglicht modulare Strukturen und reduziert den Transportaufwand durch die Produktion vor Ort. Der Turm wird so konstruiert, dass ein Rückbau und Neuaufbau an anderem Ort vereinfacht wird.

Intensive Vermittlung
Ein besonderes Augenmerk wird auf die Vermittlung der digitalen Technologie und der kulturgeschichtlichen Bedeutung gerichtet. Eine einfache Besucher-Infrastruktur ermöglicht einen spannenden Besuch vor Ort.

Gesamte Kosten
Der Bau des Turmes und die Instandsetzung der damit verbundenen Gebäude kosten CHF 3,5 Mio. In den Kosten sind Planung, Bau, Kommunikation und Dokumentation des Turmes enthalten.

Anpassung der Bauzonen
Der Bau des Turmes bedingt ein Vorprüfungsverfahren durch die kantonalen Ämter, eine Bauzonenänderung mit öffentlicher Mitwirkung und eine Baugenehmigung, die bis Ende 2021 vorliegen soll.

Ambitionierter Zeitplan
2021 Planung, Finanzierung und Genehmigung des Turmbaus.
2022 Sanierung des Bauplatzes. Druck und Montage der Turmteile.
2023 Eröffnung und Bespielung des Turmes.
2028 Abbau des Turmes.

Beabsichtigte Wirkung
Der «Weisse Turm» erzählt die reiche Kulturgeschichte des Ortes weiter, befördert einen sanften, substantiellen Tourismus, bringt wertvolles digitales Knowhow in den Bergkanton, fördert das einheimische Gewerbe, stärkt die mediale Präsenz des Kulturkantons und hilft ein aussterbendes Dorf zu retten.

Globale Bedeutung
Das Projekt «Weisser Turm» ist ein globaler Meilenstein in der digitalen Fabrikation und demonstriert die ausserordentliche
Forschungskompetenz der ETH Zürich im Bereich Digitales Bauen.

1. DER KULTURGESCHICHTLICHE HINTERGRUND

1.1. Das Projekt «Mulegns Retten»
Das Bergdorf Mulegns ist vom Aussterben bedroht. Im Passdorf leben heute gerade noch 16 Einwohner. Die Nova Fundaziun Origen, Trägerin des renommierten Wakkerpreises 2018, versucht den grossartigen kulturhistorischen Baubestand des Dorfes zu retten und gleichzeitig den Ort an der historischen Julierstrasse neu zu beleben. In den vergangenen Jahren wurde bereits viel erreicht. Die unter eidgenössischem Schutz stehende Weisse Villa
konnte mittels einer spektakulären Verschiebungs-Aktion gerettet werden. Das historische Post Hotel Löwe hat im vergangenen Winter neue Dächer und frische Fassaden erhalten, die die wertvolle Substanz schützen. Das Hotel wurde am 4. Juni 2021 im Beisein der Direktorin des Bundesamtes für Kultur, Isabelle Chassot, für eine Zwischen-saison eröffnet.

1.2. Das allgegenwärtige Thema des Reisens
Das Dorf Mulegns verdankt seine Existenz dem Passverkehr. Die Talenge bei Mulegns wird seit über viertausend Jahren begangen. Der kleine Ort hat Händler und Krieger, Kaiser und Bettler, Säumer und Pilger, Touristen und Emigranten gesehen. In den Bauten des kleinen Dorfes spiegelt sich die grosse Kulturgeschichte des Reisens wider. Das Post Hotel Löwe erzählt von den Anfängen des Tourismus in Graubünden, vom Pioniergeist der ersten Hoteliers, vom Anspruch einer noblen Klientel am Ende der Belle Époque, auch von mutigen Postillons und illustren
Gästen. Amerikanische Präsidenten und russische Zarenwitwen begegnen sich in den Fluren der weitläufigen Anlage. Wissenschaftler und Nobelpreisträger nächtigen in den tapetenbewehrten Zimmern und verleihen dem Hotel Glanz am Vorabend des ersten Weltkrieges. Mulegns weiss viel vom Reisen, vom grossen Fernweh, von der Rastlosigkeit des Menschen. Der «Weisse Turm» nimmt die Reisethematik auf und deutet sie transzendental, in freier Anlehnung an Dantes «Divina Commedia».

1.3. Emigrationsland Graubünden
Der Bergkanton Graubünden war arm und vermochte seine Einwohner nicht zu ernähren. Über viele Jahrhunderte waren die Bewohner der Dörfer gezwungen auszuwandern und ihr Brot in der Fremde zu verdienen. Die Bündner arbeiteten als Söldner, Architekten, Stuckateure, schliesslich als Zuckerbäcker. Viele sind verschollen, manche starben in Übersee oder gingen in der Anonymität der Städte unter. Wenigen gelang der wirtschaftliche Aufstieg. Eines verbindet sie alle: Wenn immer möglich, kehrten sie im Alter in die Heimat zurück, halfen den Verwandten
auf den Feldern verdingten sich als Knechte und lebten vom Ersparten. Die wirtschaftlich Erfolgreichen bauten sich prachtvolle Alterssitze, mit denen sie ihren Wohlstand zur Schau stellten und grossbürgerliche Wohnkultur zelebrierten. In Mulegns errichteten die Zuckerbäckerfamilien Poltera und Jegher stattliche Villen, die mitunter auch als noble Gasthäuser für Reisende ins Engadin dienten. Die Emigranten haben wesentlich zur Entwicklung
des Bergkantons beigetragen. Die elegante Weltgewandtheit der Zuckerbäcker und Hoteliers förderte und formte den aufstrebenden Tourismus der Belle Époque mit ihren Hotelburgen und Bäderwelten.

1.4. Kulturelle Kontinuität in neuen Architekturformen
Der «Weisse Turm» von Mulegns soll die Geschichte des Ortes weiterschreiben und neu interpretieren. In der himmelwärts strebenden Struktur des Turmes wird das allgegenwärtige Reisethema transzendent gedeutet. Die atmosphärisch dichten und formal einzigartigen Räume erlauben eine Vielzahl performativer Formate. Im Kuppelsaal des Turmes schwebt eine Bühne, die eine atemberaubende Aussicht auf das Dorf gewährt und abends die letzten Sonnenstrahlen einfängt. Der kühne Formenreichtum des Turmes erinnert an das grosse handwerkliche
Können der Bündner Stuckateure und Zuckerbäcker, die bis zum Ersten Weltkrieg halb Europa mit exquisiten Süsswaren bedienten und das Dorfbild von Mulegns entscheidend geprägt haben.

2. ZUSAMMENARBEIT MIT DER ETH
Die Zusammenarbeit der Abteilung für digitale Bautechnologien an der ETH und der Nova Fundaziun Origen wurde im Frühjahr 2018 vom Stab Strategische Hochschulentwicklung angeregt. Die Initiative der ETH basierte auf der Erfahrung, dass (1) intensive und interdisziplinäre Kooperationen zwischen Kunst und Wissenschaft eine nachhaltige Entwicklung auslösen und substanzielle Innovation vorantreiben können; dass (2) durch die direkte Interaktion
mit der Bevölkerung und die Einbettung in einen kulturellen Kontext die Expertise der ETH breitenwirksam aufgezeigt werden kann. Der Turm von Mulegns versteht sich explizit als nachhaltiger Beitrag an die Entwicklung einer Bergregion, die stark von Abwanderung betroffen ist und um ihr Überleben kämpft.

2.1. Erste Erfahrungen mit dem Projekt «Concrete Choreography»
Im Jahr 2019 wurde das Pilotprojekt «Concrete Choreography» realisiert. Studenten der ETH entwickelten eine Reihe von digital gedruckten Betonsäulen, die als Bühnenbild für performative Formate dienen. Die Säulen wurden im Frühjahr 2019 an der ETH gedruckt und im Anschluss in den Gärten der Villa Carisch in Riom aufgestellt. Dieses Pilotprojekt im Freien liefert wichtige materialtechnische Daten für den Bau des «Weissen Turmes».

2.2. Die Idee zum «Weissen Turm» von Mulegns
Basierend auf einem intensiven Gedankenaustausch mit mehreren Besuchen und Workshops in Graubünden und der ETH Zürich entstand die Idee eines 1:1-Demonstratorprojekts, des gedruckten Betonturms in Mulegns. Die bahnbrechenden digitalen Technologien sollen die pionierhafte Geschichte des Ortes weitererzählen und an die Kunstfertigkeit der Bündner Baumeister, Stuckateure und Zuckerbäcker erinnern, die einst die Welt bereisten.

2.3. Design des Turmes
Der «Weisse Turm» wurde von Prof. Benjamin Dillenburger (Forschungsgruppe Digital Building Technologies) und dem Architekten Michael Hansmeyer in Dialog mit der Nova Fundaziun Origen entworfen.

3. NUTZUNG UND GESTALT
Der «Weisse Turm» beinhaltet eine Reihe von abstrakten, atmosphärisch dichten Räumen, die als vertikale Enfilade ausgebildet sind. Er lässt verschiedene kulturelle Nutzungen zu und kann für Ausstellungen, Installationen, Konzerte, Theateraufführungen und andere performative Formate genutzt werden.

3.1. Säulenformationen bilden Räume
Das zentrale gestalterische Element sind Säulen, die digital gedruckt werden und die verschiedenen Ebenen des Gebäudes tragen. In den unteren Räumen schaffen schwer wirkende, gedrungene Säulen enge Räume. In den oberen Etagen werden die Räume zusehends leichter und lichter. Die Räume sind abstrakt formuliert: Es gibt darin keine konkreten Möbel, Betten oder Stühle. Die Öffnungen werden den Texturen entsprechend gestaltet. Die unterschiedlichen Strukturen ermöglichen starke räumliche Erlebnisse und werden durch die Einheit des Materials
zusammengehalten. Insgesamt wird das Gebäude, das aus weissem Beton gefertigt wird, filigran und leicht wirken. Die helle Materialisierung und die kühnen Strukturen fördern das architektonische Spiel von Licht und Schatten. Der «Weisse Turm» mit seinen eigenwilligen Öffnungen wirkt nachts wie eine Laterne und wird zum Leuchtturm an der alten Passstrasse.

3.2 Vielzahl an Funktionen
Der «Weisse Turm» ermöglicht eine Vielzahl von kulturellen Nutzungen. Der Turm kann individuell mit einem Hörspiel im Ohr begangen werden. Die Räume können für Vorträge, Erzählreihen und Ausstellungen genutzt werden. Im hohen Theatersaal unter der Turmkuppel können kleine Veranstaltungen stattfinden: Konzerte mit rätoromanischen Liedern, elektronische Kompositionen, Autorenlesungen und zeitgenössische Choreografien. Das Turmtheater fasst rund 45 Zuschauer. Das unter der Theaterschale liegende Foyer erlaubt einen klassischen
Theaterbetrieb.

3.3. Digitale Struktur auf historischem Sockelbau
Der «Weisse Turm» wird auf einem bestehenden, zweistöckigen Gebäude konstruiert, das früher als Schmiede und Waschhaus diente und später ebenfalls Gäste beherbergte. Wohl in den fünfziger Jahren wurde darüber eine Garage errichtet, die mittlerweile baufällig geworden ist und dem Turmbau weichen soll. Der Eingang in den Turm erfolgt im historischen, roh belassenen Bestand.

3.4. Einbettung ins Hotel-Ensemble
Um 1897 wurde das Hotel-Ensemble von Mulegns letztmalig erweitert. Der Engadiner Hotelarchitekt Nikolaus Hartmann entwarf den eleganten Anbau mit dem prächtigen Speisesaal. Wohl auch zu jener Zeit entstanden das filigrane Postgebäude, die fast schon basilikal anmutende Wagenremise und das hohe Waschhaus. Diese Gebäude erhielten sorgfältig ausformulierte Fassaden und umschlossen den windgeschützten Hotelgarten, der zum
Zentrum des Ensembles wurde. Durch den Abriss der Remise und den unsensiblen Neubau einer Hotelgarage wurde das ausgewogene Ensemble empfindlich gestört. Der Turmneubau über dem alten Waschhaus wird das alte Raumgefüge neu definieren und dem Hotelgarten seine alte Bedeutung zurückgeben.

4. ZAHLEN, DATEN, TECHNOLOGIEN, NACHHALTIGKEIT
4.1. Dimensionen
Der «Weisse Turm» wird eine der höchsten Bauten sein, die je im 3D-Verfahren von Robotern gedruckt wurden. Zusammen mit dem historischen Sockel, auf dem der Turm zu stehen kommt, beträgt die Gesamthöhe 29 Meter. Der Durchmesser des Turmes an seiner breitesten Stelle beträgt 9 Meter. Der Theatersaal unter der Kuppel fasst 45 Besucher. Der Turm wird aus vorgefertigten 3D-gedruckten Elementen konstruiert, die insgesamt aus über 4000 Druckschichten bestehen. Jede Druckschicht hat eine Höhe von 5mm und eine Breite von 20mm.

4.2 Verfahren
Der «Weisse Turm» wird dreidimensional in Beton gedruckt. Der dreidimensionale Druck ist ein additives Herstellungsverfahren, das mittels eines digital erzeugten Konstruktionsmodells Frischbeton in Schichten aufträgt. Der Beton härtet so schnell aus, dass er die nächsten Schichten tragen kann. Gleichzeitig muss der Beton ausreichend lange weich bleiben, um durch eine Düse extrudierbar zu sein und damit die gedruckten Schichten sich gut miteinander
verbinden können, um homogene Bauteile auszubilden. Nach dem Druck muss der Beton eine ausreichende Festigkeit für stabile Elemente entwickeln.

4.3. Digitaler Entwurfsprozess
Auch im Entwurfsprozess kommen digitale Technologien zum Einsatz. Die gesamte Struktur des Turms wird über eine eigens dafür entwickelte Software entworfen, die die präzise Gestaltung aller Details erlaubt und die nötigen Daten direkt an den Druckprozess senden kann. Durch diese Technologie lassen sich effizient massgeschneiderte Elemente herstellen und Formen vorfabrizieren, die auf der herkömmlichen Baustelle undenkbar wären. Damit wird der «Weisse Turm» zu einem Leuchtturmprojekt, das die Möglichkeiten der digitalen Bautechnologie demonstriert und anschaulich erlebbar macht.

4.4. Schalungsfreier Druck
Dank der präzisen, digitalisierten Formanpassung lassen sich mit diesem Konstruktionsansatz völlig neuartige, komplexe und massgeschneiderte Freiformteile fertigen, die mit keiner anderen auf dem Markt erhältlichen Technik herzustellen wären. Mit dem dreidimensionalen Druck lässt sich Beton effizienter einsetzen, da man ihn gezielt nur dort aufträgt, wo er strukturell gebraucht wird. Da zudem keine Schalungen notwendig sind, entsteht bei diesem Verfahren auch kein Abfall.

4.5. Nachhaltige Fertigung
Die hohlen, gedruckten Bauteile werden nur dort gefüllt, wo die Statik es verlangt; sie lassen sich mit isolierenden Materialien füllen, um die Dämmeigenschaften zu verbessern. Dadurch lassen sich optimierte Bauteile herstellen, die weniger Material benötigen und damit substanziell geringere Co2-Emissionen auslösen. Im Sinne der Kreislaufwirtschaft wird schon bei der Planung der Rückbau konzipiert, so dass der Turm an anderer Stelle wiederaufgebaut werden kann. In einem neuartigen Konstruktionsprozess wird der Turm aus vielen, individuell gedruckten
Betonteilen auf der Baustelle zusammengefügt. Eine mobile Fabrik erlaubt den Druck am Standort, reduziert den Transportaufwand der grossen Elemente und macht den Fabrikationsprozess für Zuschauer erlebbar.

4.6. Kompetenz der ETH
Die schnelle Produktion, die Ausführungsqualität und der Detaillierungsgrad, der mit dieser Technik möglich ist, positioniert die Forschung der ETH Zürich an die Weltspitze der digitalen Fertigung mit Beton. Im Rahmen der laufenden interdisziplinären Forschung des Nationalen Forschungsschwerpunktes «Digitale Fabrikation NFS DFAB», zeigen die dreidimensional gedruckten Prototypen das Potenzial des technologischen Fortschritts auf, Beton effizient zu nutzen und ihm neuartigen Ausdruck zu verleihen.

5. GLOBALE BEDEUTUNG DER DIGITALEN BAUKULTUR
Das Bauen steht in Zukunft vor grossen Herausforderungen: Weltweit ist die Menschheit im Rahmen der Urbanisierung mit einem immens wachsenden Bedarf an Gebäuden konfrontiert. Dadurch wird es immer relevanter, nachhaltig und kostengünstig zu bauen. Die Antworten darauf können nur zusammen mit einer radikalen Digitalisierung von Architektur und Bauindustrie gefunden werden. Robotisch additive Fertigung – wie der 3D-Druck – ist hierbei von grosser Bedeutung. Beim Turmbau helfen additive Fertigungsmethoden, Material zu sparen. Die Einsparung von Zement bedeutet eine Reduktion der CO2-Emissionen, die bei dessen Herstellung erzeugt werden. Die Baustelle vermeidet Abfall, weil keine Schalung verwendet wird. Im Vergleich zu herkömmlichen Methoden kann der Turm günstiger und präziser gefertigt werden, weil zeitaufwendige, repetitive oder komplexe Arbeiten entfallen oder durch Roboter
erledigt werden können. Mit dem konsequenten und lückenlosen Einsatz von modernsten digitalen Technologien – sowohl im Design als auch in der Fabrikation – demonstriert der «Weisse Turm» die fast unbegrenzten Möglichkeiten der neuen Fertigungsmethoden.
Neben ökonomischen und ökologischen Vorteilen wird auch gezeigt, wie sich in Zukunft Kunst,
Handwerk und Technik neu verbinden lassen. Eine so erwachsende digitale Baukultur kann einen enormen gesellschaftlichen Beitrag leisten und eine sowohl nachhaltige als auch faszinierende Umwelt erschaffen.

6. KONTAKTE ETH ZÜRICH
Entworfen und geplant haben den «Weissen Turm» Benjamin Dillenburger (Professur Digitale Bautechnologien) und Michael Hansmeyer (Architekt) in Zusammenarbeit mit der Nova Fundaziun Origen. An der Entwicklung beteiligt sind neben Benjamin Dillenburger drei weitere ETH-Professoren des Nationalen Forschungsschwerpunkts Digitale Fabrikation: Robert Flatt arbeitet an der Betonmischung (der «Tinte» für den 3D-Drucker), Walter Kaufmann an der Tragstruktur und den Verbindungen der gedruckten Beton-Elemente und Andreas Wieser an der
Vermessung und Formkontrolle.
Architektur:
Benjamin Dillenburger, Michael Hansmeyer
Projektleitung:
Prof. Dr. Benjamin Dillenburger
Professor am Department Architektur
Digitale Bautechnologien
Involvierte Professuren:
Prof. Dr. Robert J. Flatt
Professor am Departement Bau, Umwelt und Geomatik Institut für Baustoffe (IfB)
Prof. Dr. Walter Kaufmann
Professor am Departement Bau, Umwelt und Geomatik Institut für Baustatik und Konstruktion
Prof. Dr. Andreas Wieser
Professor am Departement Bau, Umwelt und Geomatik Institut für Geodäsie und Photogrammetrie
Forschungsprogramm:
NFS Digitale Fabrikation
https://dfab.ch/de/