Medienmitteilung 17.08.2023

ORIGENS «OSPIZIO» EIN NEUER TURM FÜR DEN JULIERPASS

Origen Julierturm Savognin
Origens Roter Turm auf dem Julierpass wird bis Ende Oktober 2023 zurückgebaut. Das ikonische Bauwerk wurde weltweit rezipiert und hat den Kulturstandort Graubünden markant profiliert. Der temporäre Turmbau hat Origens künstlerisches Netzwerk erweitert und die Kooperationen mit Kulturorganisationen auf der ganzen Welt ermöglicht. Der anhaltende und wachsende Erfolg der Julierprogramme, die einhellig positive Resonanz bei Publikum und Medien haben Origen zu einem neuen, bleibenden Kulturhaus inspiriert, das die Tradition der Passhospize zeitgenössisch interpretiert.

Der temporäre Theaterturm auf dem Julierpass wurde 2017 errichtet. Bundesrat Alain
Berset eröffnete das Bauwerk und bezeichnete es als kleines raumplanerisches Wunder.
Ein Jahr später lud er die Staatsoberhäupter Österreichs, Deutschlands, Luxemburgs, Belgiens
und Liechtensteins auf den Pass zu rätoromanischen Gesängen und präsentierte
ihnen den vielsprachigen Kanton Graubünden. Tänzerinnen und Tänzer der grossen Ballettkompanien der Welt gaben sich auf dem Pass ein Stelldichein, unter ihnen Künstler der
Pariser Oper, des Wiener Staatsballetts, der Hamburger Staatsoper, des Petersburger
Mariinsky-Theaters, aber auch Vertreter der grossen zeitgenössischen Kompanien wie das
niederländische NDT. Origens Chöre haben den Pass intensiv besungen: Brahms, Rachmaninow,
Derungs, Dolf und Richter sind hier erklungen. Der rote Holzbau gilt als einer der
besten Klangkörper Graubündens. Vom Rätoromanischen Fernsehen bis zur englischen
BBC haben weltweit Medien auf dem Pass gedreht. Swisscom, Swiss und SRG haben mit
dem Julierturm geworben.

Abbau des Roten Turmes
Der hölzerne Theaterturm wird in den Monaten September und Oktober abgebaut. Die gesamte
Theatertechnik, die Licht- und Soundanlagen, die Bühnen-Motoren werden ausgebaut
und wiederverwertet; ebenso die Heizungsmodule, die sanitären Anlagen und die Elektroinstallationen. Die Glasscheiben werden aus der Holzkonstruktion entfernt und eingelagert. Die Brandschutztüren und das Mobiliar können anderweitig verwendet werden. Die Holzbestände, die aufgrund der extremen Wetterbedingungen erste Auflösungserscheinungen zeigen, lassen eine konstruktive Wiederverwertung nicht zu. Sie werden verbrannt und der
Wärmegewinnung zugeführt. Das Gelände wird sorgfältig renaturiert und der Parkplatz
rund um den Roten Turm wieder in Stand gesetzt.

Relevanz für Graubünden
Der Julierturm ist in den vergangenen Jahren zum Markenzeichen der grössten Bündner
Kulturinstitution geworden. Die Programme auf dem Pass erfreuten sich eines stetig wachsenden
Zuschauerinteresses, so dass die Spielpläne kontinuierlich erweitert werden konnten.
Der Standort im Herzen Europas hat dem Turm mit seinen babylonischen Anspielungen
eine kraftvolle Präsenz im vielsprachigen Graubünden beschert und das Potential einer Kulturarbeit in den Alpen betont. Der Dialog mit der allgegenwärtigen Natur und der dichten
Kulturgeschichte des Ortes haben den Theaterraum geprägt. Im Roten Turm wurden drei
Dutzende neue, abendfüllende Werke uraufgeführt. Tausende Besucher haben die kühne
Holzkonstruktion erlebt.

Kulturgeschichtliche Verankerung
Origen möchte den Julierpass mit einem zeitgenössischen Hospiz aufwerten. Der neue
Turmbau lehnt sich an die kulturgeschichtliche Bedeutung der alten Passhospize an, die
einst die europäischen Alpentransversalen prägten. Die grossen Hospize – etwa auf dem
Grossen St. Bernhard oder auf dem Simplon – sorgten sich um das leibliche und seelische
Wohl der Passanten. Kapellen, Refektorien, Schlafsäle, Stallbauten gehörten zum baulichen
Inventar. Es galt die Menschen vor den drohenden Naturgefahren zu beschützen und gelebte
Gastfreundschaft zu pflegen. Der neue Bau auf dem Pass steht in dieser uralten europäischen
Tradition.

Ikonographische Bezüge
Das Kulturhaus auf dem Pass besteht aus riesigen aufeinander getürmten Dreiecksvolumen,
die trotz ihrer Massivität zu schweben scheinen und dem wuchtigen Bau eine kühne,
dekonstruktive Dimension abringen. Die kantigen Volumina stehen sprichwörtlich Kopf und
bilden einen Kontrapunkt zum Gewicht der Berge. Die Dreieckskörper umschliessen zeltartige
Räume, die dem Beherbergungsgedanken entspringen, Schutz versprechen und Geborgenheit
vermitteln. Sie eröffnen den weiten Blick in die Landschaft und ermöglichen einen
intensiven Dialog mit den schroffen Bergflanken. Das rätoromanische Märchen vom Glaspalast
auf dem Julierpass spiegelt sich in den kristallinen Formen. Die neun Stockwerke des
Turmes erinnern an die literarische Ikonographie von Dantes Paradiesvisionen: Die geschichteten
Himmelsränge führen die irdischen Routen weiter und eröffnen den Blick in den
Sternenhimmel. Mitten durch den hohen Bau führt ein Lichtschacht, der im Himmelsauge
mündet: Am Pass beginnt die vertikale Welt. Alles drängt ins Universum.

Funktionen des Hospizes
Der Bau empfängt mit einer hohen Eingangshalle, die den Besucher willkommen heisst. Im
ersten Obergeschoss dokumentiert eine Ausstellung den jahrtausendealten Passverkehr.
Im darüberliegenden Geschoss sind zwölf einfache Zimmer untergebracht, in einfachster,
monastischer Bauweise. Darüber befindet sich das Refektorium, der gemeinsame Speisesaal,
der Passanten zur Stärkung dient und Kulturbesuchern einfache Mahlzeiten ermöglicht.
Darüber eröffnet sich der atmosphärische Kultursaal, der mit seinen verjüngenden
Emporen einen einmaligen Blick auf die schwebende Bühne und in die weite Landschaft
gewährt. Im obersten Geschoss befindet sich eine offene, gedeckte Dachterrasse, die als
Freilichttheater bespielt werden kann und Wind und Wetter an der Wettergrenze erfahrbar
macht.

Aufwertung der Passlandschaft
Im Zuge des Turmbaus soll die ganze Landschaft am Pass aufgewertet werden. Die überdimensionierten Parkplätze sollen zurückgebaut und die bestehenden Kleinbauten in eine
neue Gestaltung des Geländes einbezogen werden. Der Turm soll behutsam in die Hügellandschaft gesetzt und möglichst autark bespielt werden.

Status der Projektidee
Origens «Ospizio» auf dem Julierpass hat den Status einer Projektidee, die einer intensiven
architektonischen Planung bedarf. Intendant Giovanni Netzer: «Die vorliegende Idee geht
von einem Fassungsvermögen von 200 Besuchern, einer Gebäudehöhe von 55 Metern und
einem Kostenvolumen von rund 25 Mio. aus. Diese Eckpunkte haben provisorischen Charakter
und werden sich im gestalterischen Prozess noch substanziell verändern. So ist zum
Beispiel die Materialisierung noch offen, auch die detaillierten Funktionen und die technische
Ausstattung.» Netzer ist sich dessen bewusst, dass der Turmbau ein komplexes Genehmigungsverfahren durchlaufen muss. «Wir wissen aus früheren Projekten, dass der
neue Bau noch viele Hürden nehmen muss, um eine Baubewilligung zu erhalten. Wir glauben
aber auch, dass der neue Turm das Potential zum kulturellen Leuchtturm und starken Wahrzeichen für ganz Graubünden werden kann. Wir haben erlebt, dass der Rote Turm den Tourismus inspiriert, die Hotellerie bereichert, die Bauwirtschaft herausgefordert hat. Wir sind
davon überzeugt, dass Kultur im Alpenraum neu gedacht werden muss, jenseits der städtischen
Formate, die wir schon kennen.»

Kulturelle Gesamtentwicklung
Die Projektidee zu Origens «Ospizio» ist Teil eines kulturellen Entwicklungsplanes, der ein
von Abwanderung bedrohtes Tal in eine kraftvolle Kulturdestination verwandeln möchte.
Dazu möchte Origen das kulturelle Engagement markant erweitern, die Infrastruktur sinnvoll
ausbauen, den Betrieb konsolidieren und die langfristige Finanzierung sicherstellen. Das
Ziel ist das Schaffen eines vitalen, kulturell geprägten Lebensraumes, der das Kunstschaffen
fördert, die Gesellschaft prägt, das Handwerk herausfordert, die Wirtschaft stützt, den
Tourismus inspiriert, die Menschen stärkt.

Credits
Giovanni Netzer, Konzept und Entwurf
Daniele Steiner, Mitarbeit am Entwurf
Peider Müller, Modellbau
Linard Müller, Modellbau
Benjamin Hofer, Modellfotografie
Admill Kuyler, Modellfotografie

Kontakt
Nova Fundaziun Origen
Palé Sot 6
CH-7463 Riom
T +41 81 637 16 81
M info@origen.ch
W www.origen.ch

Stand, 16.08.2023