Der Weisse Turm in Mulegns ist eröffnet / Öffentliche Führungen ab Freitag, 23. Mai 2025 täglich 11.00 & 13.00 Uhr

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Medienmitteilung 20.05.2025

Der Weisse Turm von Mulegns ist eröffent

© Birdview Picture
Der Weisse Turm von Mulegns wurde heute Vormittag feierlich durch Bundesrat Guy Parmelin, ETH-Präsident Joël Mesot, Bündner Standespräsidentin Silvia Hofmann und Bündner Regierungsrat Jon Domenic Parolini eingeweiht. Der rund 30 Meter hohe, weiss schimmernde Turm ist der höchste 3D-gedruckte Bau der Welt.

Mit dem «Tor Alva» erhält das Bergdorf Mulegns an der Julierpassroute ein neues architektonisches Wahrzeichen und einen Pionierbau der digitalen Fabrikation. Die Kulturstiftung Nova Fundaziun Origen hat das Projekt als Bauherrin in Zusammenarbeit mit der ETH Zürich, den Bauunternehmen Uffer Gruppe und Zindel United sowie dem Ingenieurbüro Conzett Bronzini Partner AG realisiert. Origen will damit kulturelle Impulse setzen, das Dorf neu beleben und die Geschichte des Ortes mutig weitererzählen.

Besuch und Bespielung

Ab dem 23. Mai finden tägliche Führungen im Turm statt. Ab Anfang Juli wird der Weisse Turm in einem grossen Freilichtspiel aus der Feder von Origen Intendant Giovanni Netzer – an Calderón angelehnt – zum spektakulären Bühnenbild. Auf der Bühne stehen ehemaligen Solistinnen und Solisten des Hamburg Balletts John Neumeier und vielversprechende Amateure aus dem Kanton Graubünden.

Eröffnung des weissen Turmes

Im Bergdorf Mulegns in den Schweizer Hochalpen baut die Kulturstiftung Origen in Zusammenarbeit mit der ETH Zürich das höchste digital gefertigte Gebäude der Welt. Der Weisse Turm von Mulegns birgt einen Kuppelsaal, einen spektakulären performativen Raum hoch über den Dächern des Dorfes. Der Turm erinnert an die Emigrationsgeschichte der Zuckerbäcker, die einst ganz Europa bereisten. Er transformiert ein aussterbendes Dorf, das gerade noch zwölf Einwohner zählt, in ein Zentrum für digitale Baukultur. Und er beweist, dass Forschung und Kultur zu grossartigen Symbiosen fähig sind.

Inspiration für ein aussterbendes Dorf
Mulegns liegt an der historischen Julierstrasse, die schon vor Jahrtausenden von Händlern, Säumern und Söldnern begangen wurde. Im aufkommenden Tourismus des 19. Jahrhunderts erlebte das Dorf seine grösste Blüte. Emigrierte Zuckerbäcker kehrten ins Dorf zurück und errichteten prächtige Villen. Hotelpioniere begründeten einen gehaltvollen Tourismus im Tal. Danach wurde es wieder still im Dorf. Mit dem Bau des Weissen Turmes belebt Origen die reiche Kulturgeschichte des Dorfes und legt den 
Grundstein für eine neue Blütezeit.

Symbiose von Kunst und Forschung
Aus der Symbiose von künstlerischem Ausdruck, digitaler Forschung und zeitgenössischer Architektur ist ein einzigartiger performativer Raumkörper entstanden. Der Weisse Turm ist ein kühner Prototyp, der die Möglichkeiten digitaler Bautechnologien auslotet und das Bauwesen der Zukunft massgeblich prägen wird. Der sparsame Umgang mit Ressourcen, die elementare Bauweise und die neue Formensprache kennzeichnen das Projekt. Der kreative Spielraum, den Origens künstlerische Produktion braucht, eröffnet der ETH Zürich breit gefächerte und inspirierende Gestaltungsmöglichkeiten.

Beitrag an eine umfassende Entwicklung
Mit dem Bau des Weissen Turmes und mit der Eröffnung des Zentrums für digitale Bautechnologien leisten die Kulturstiftung Origen und die ETH Zürich einen substantiellen Beitrag an eine nachhaltige und notwendige Transformation des Bauwesens. Gleichzeitig fördert das Projekt einen gehaltvollen Architekturtourismus und eine substantielle Entwicklung eines hochalpinen Tales, das neue Perspektiven braucht.

Architektur

Der Weisse Turm umfasst 32 einzigartige, 3D-gedruckte Säulen. Jede Säule ist mit einer kühnen Vielfalt an Formen und feiner Ornamentik auf mehreren Massstabsebenen gestaltet. Die robotische Fertigung spielt virtuos mit dem Materialverhalten und entwickelt dabei eine eigene ornamentale Sprache, die der Struktur eine rätselhafte, faszinierende Präsenz verleiht und eine einzigartige taktile Oberfläche zwischen Stein und Textil offenbart. Diese neue digitale Handwerkskunst erinnert an die Kunstfertigkeit der barocken Baumeister Graubündens und schlägt eine Brücke zwischen historischen Traditionen und zukünftigen Innovationen.

Beim Aufstieg der zentralen Wendeltreppe offenbaren sich atmosphärisch dichte Räume: Dunkle
Kammern, die von massiven Säulen umschlossen sind, führen hinauf zu lichtdurchfluteten, offenen Räumen, in denen schlanke, verflochtene Säulen die filigrane Kuppel tragen. Der gewölbte Aufführungsraum mit zentraler Bühne wird von 32 Sitzplätzen umrundet. Den Besuchenden bietet sich ein atemberaubender Ausblick aufs Dorf und die majestätische Alpenlandschaft der Val Surses. Mit Einbruch der Dämmerung verwandelt sich der Weisse Turm: Seine markanten Öffnungen leuchten wie eine Laterne auf und lassen ihn als Leuchtturm entlang der historischen Julierpassroute erscheinen.

 

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Forschung und Innovation

Der Weisse Turm demonstriert zukunftsweisende Entwicklungen im Bereich des computergestützten Designs, der digitalen Fertigung, der Tragwerksplanung und der Materialwissenschaft mit dem Ziel eines nachhaltigeren Bauens. Diese bahnbrechenden Entwicklungen in der Architektur wurden durch die intensive Zusammenarbeit und interdisziplinäre Arbeit mit Fachleuten aus den Bereichen Bauingenieurwesen, Materialwissenschaft und Robotik ermöglicht, die alle mit Innovationen aus ihren jeweiligen Fachgebieten dazu beigetragen haben, dieses Projekt zu ermöglichen. Zu den technischen
Innovationen gehören die strukturelle Anwendung von 3D-gedrucktem Beton mit dünnwandigen, materialeffizienten Bauelementen sowie der modulare Aufbau für eine spätere Wiederverwendung der Komponenten.

Der Weisse Turm ist das weltweit erste mehrgeschossige Bauwerk, das vollständig tragende 3Dgedruckte Säulen verwendet, bei denen die Bewehrung bereits während des Druckvorgangs integriert wird. Im neu entwickelten 3D-Betondruckverfahren arbeiten zwei Roboter zusammen: Ein Roboterarm extrudiert Beton schichtweise zu komplexen Freiformelementen, während der andere zwischen den Schichten Bewehrung einfügt. Dadurch ist der 3D-Druck vollständig strukturell einsetzbar. Da der Beton nur dort eingesetzt wird, wo er tatsächlich benötigt wird, reduziert dieses schalungsfreie Verfahren den Materialeinsatz im Vergleich zu traditionellen Gussverfahren erheblich.

Der Weisse Turm ist für die Kreislauffähigkeit konzipiert: Durch die Verwendung von lösbaren Verbindungen kann er nach seinem fünfjährigen Einsatz in Mulegns demontiert und an einem neuen Standortwieder aufgebaut werden.

Fakten

Struktur
Vier Geschosse, die aus je acht 3D-gedruckten Doppel- und Vierfachfachsäulen bestehen (32 Säulen). Doppelte Kuppel aus acht Dreifachsäulen und acht einfachen Säulen (16 Säulen). Die Säulen sind bewehrt und voll strukturell eingesetzt. Insgesamt 124 3D-gedruckte Elemente.

3D-Druck
2500 gedruckte Betonschichten (10 mm hoch; 15-20 mm tief) Geschätzte Druckzeit: 900 Stunden

Dimensionen
Höhe: 30 m (inklusive des bestehenden historischen Sockels) Durchmesser: 7 – 9 m

Fassade
Entfernbare Kunststoff Membran

Kuppelsaal
Kapazität: 32 Zuschauende
Raumhöhe: 8 m

Kosten Gesamtprojekt
CHF 4.4 Mio.

Zeitplan

2018 organisiert der Stab des ETH-Präsidenten einen Ausflug
nach Graubünden zur Nova Fundaziun Origen. Ziel des
Austauschs: gemeinsam nach Brücken zwischen Kultur und
Wissenschaft; zwischen der ETH und der Kulturstiftung
suchen. Der Grundstein für die Zusammenarbeit ist gelegt.

2019 gestaltet die Abteilung für digitale Bautechnologien an
der ETH Zürich ein Bühnenbild für Origen in den Gärten der
Villa Carisch in Riom. Die Säulen stehen seither unter freiem
Himmel und liefern wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse
und praktische Erfahrungswerte für den Turmbau.

2021
Jun - Projekt-Lancierung

2022
Jun - Designanpassung
Aug - Errichtung Demonstrator

2023
Mär - Installierung Membranvarianten am Demonstrator
Mai - finale Designanpassung

2024
Jan - Druckbeginn an der ETH Zürich
Feb - Vorbereitungsarbeiten im historischen Sockel
Mai - Guss Flaschenhals; Zusammensetzen der Säulenelemente zu höheren Säulenmodulen (Uffer Gruppe)
Jul - Montage erstes und zweites Geschoss
Aug - Montage drittes Geschoss
Sept - Montage viertes Geschoss
Nov/Dez - Treppenbau und Elektroinstallation

2025
Apr - Montage Kuppel; Umgebungsarbeiten
Mai - Eröffnung

Kontakt

Nova Fundaziun Origen
Pale Sot 6
CH-7463 Riom
+41 81 637 16 81
info@origen.ch