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Moderne Holzskis made in Savognin

Moderne Holzskis made in Savognin
Conradign Netzer ist ein etwas verrückter Skifahrer und ein noch verrückterer Schreiner. Er fährt mit Skis, die er komplett selbst baut. Sie bestehen nur aus Holz, Belag und Kanten, wie er sagt. Ich durfte mit dem ehemaligen Skicrossprofi auf die Piste und habe ihn in seiner Werkstatt in Savognin besucht.

Moderne Holzskis made in Savognin

Etwas aufgeregt warte ich auf Conradign Netzer und einen seiner Kunden, nennen wir ihn Flurin. Coni stapft mit mehreren Paar Skis in meine Richtung. «Bun de, Seraina! Heute schnallst du dir diese hier an!» Schmunzelnd reicht er mir ein Paar.

Coni mit Reserveski

Es sind besondere Skis, sie sind aus Holz und tragen ein eingebranntes Logo: die Buchstaben BFW eingerahmt von einem Herzen. Conradign hat sie selbst gebaut. Die Skis sind gut 20 Zentimeter länger als meine eigenen, doch ok, ich lächle und nehme die Herausforderung an.

Holzski Coni Netzer

Wir fahren von Savognin direkt auf den Piz Martegnas und nehmen die breite Piste nach Radons. Die Verhältnisse sind perfekt, der Schnee kompakt und griffig. Die Jungs strahlen und geben entsprechend Gas. Als Könner ziehen sie wie an der Schnur gezogene Spuren in den Schnee. Flurin ist Skilehrer und Coni ehemaliger Weltcupfahrer im Skicross. Zwölf Jahre lang reiste er als aktiver Athlet um die Welt. Drei Mal stand er auf einem Weltcuppodest, 2010 nahm er an den Olympischen Spielen teil. Sein Stil: Gradlinig «mein Ding durchziehen».

Holzski Coni Netzer

Mit Marke Eigenbau am Weltcupstart

2014 kam dem gelernten Schreiner eine verrückte Idee: Er wollte herausfinden, ob es möglich ist, mit einem selbstgebauten Ski konkurrenzfähig Skicross zu fahren. Seine Kollegen und Trainer schüttelten den Kopf; trotzdem fing er an, Skis zusammen zu kleben und ging damit an den Start. Bei seinen ersten Modellen löste sich nach wenigen Fahrten der Belag. Aber Coni zog sein Ding durch und fuhr weiter mit seinen Holzlatten. Diese wurden immer besser, schneller und stabiler, doch richtig konkurrenzfähig war er damit nicht. «Ich hatte damals ja auch keine Ahnung vom Skibau», lacht er. 2015 fuhr er sein letztes Weltcuprennen und wurde Skinachwuchstrainer. In der Werkstatt tüftelte er jedoch weiter, denn er war überzeugt, dass er eines Tages seinen perfekten Rennski bauen kann.

Inzwischen scheinen seine Skis richtig gut zu funktionieren, so wie Coni und Flurin über die Piste carven. Bei ihnen sieht alles spielerisch und leicht aus. Und bei mir? Noch etwas zögerlich und unsicher versuche ich den beiden Profis zu folgen. Die Holzskis fühlen sich ganz anders an als meine gewohnten Latten. Aber bald spüre ich: Wenn ich die Skis mit voller Kraft und Überzeugung belaste, dann beginnen sie zu carven. Wow, was für ein Feeling! Und wie gut sie in den Kurven halten. «Das ist ein Rennski, der braucht etwas Kraft, aber sein Fahrverhalten ist dafür viel ruhiger als ein gewöhnlicher Ski», erklärt mir Coni.

Holzski Coni Netzer

Von der Piste in die Werkstatt

Beim Mittagessen erzählt er mir von seinem Projekt, er nennt es «mein Jahr». Der 40-Jährige hat sich eine Auszeit genommen, um sich voll und ganz auf den Skibau zu konzentrieren. «Wenn ich es schaffe, 25 Paar zu verkaufen, mache ich weiter. Wenn nicht, werde ich wohl wieder Nachwuchstrainer oder schreinere Möbel.» Um seinen Traum als Skibauer zu verwirklichen, ist er vor zwei Jahren nach Savognin in die Heimat seines Vaters gezogen, wo er mitten im Dorf eine kleine Werkstatt eingerichtet hat. «Savognin ist perfekt. Am Morgen kann ich auf die Piste und Skis testen. Die kupierten und breiten Hänge sind genau das, was ich mag und brauche. Am Nachmittag und Abend arbeite ich in der Werkstatt.»

Presse

Seine BFW Skis seien insbesondere geradeaus sehr schnell, was an der schonenden Bauweise liege, erklärt Coni. «Ich presse die Skis bei Raumtemperatur und verhältnismässig wenig Druck, etwa 3 Bar. Skis aus der Fabrik hingegen werden bei 12 Bar oder mehr und mit bis zu 140 Grad gepresst. Die grosse Hitze schadet aber der Molekularstruktur des Belags. Das weiss jeder, der regelmässig Ski wachst.»

Vakuummaschiene

Holz und gewöhnlicher Weissleim

Der Grund, wieso seine Skis nur mit wenig Druck zusammenhalten, ist die einfache Holzbauweise. «Ausser den Stahlkanten und dem Belag, besteht alles aus Holz. Ich verarbeite kein Gummi, kein Aluminium, keine Glasfasern. Und zum Verleimen verwende ich gewöhnlichen, giftklassefreien Weissleim. Dieser benötigt nicht viel Druck, um sich zu verfestigen.»

Ein schneller Ski muss sich aber nicht nur geradeaus bewähren, sondern vor allem in der Kurve. Zieht er fein durch oder hat er die Tendenz zu schieben? Wie sich der Ski biegt, ist dabei das Entscheidende. Deshalb muss die Druckverteilung im Ski präzise abgestimmt sein. Hier das Optimum zu finden, war Conis grosse Herausforderung. «Zu Beginn verlor ich in den Kurven viel Zeit. Doch mittlerweile bin ich ziemlich nah am Optimum dran.»

Holzski Coni Netzer

Und was meint Flurin dazu? «Coni nervte mich schon vor über einem Jahr, ich soll doch mal seine Skis ausprobieren. Lange sträubte ich mich dagegen, weil ich der Meinung war, dass das nicht funktionieren kann: Skis aus Holz, während alle grossen Marken Hightech-Materialien verwenden. Als ich dann erstmals mit einem BFW Ski fuhr, war ich total perplex. Sie funktionieren nicht nur, sondern machen auch richtig viel Spass. Aber sie sind völlig anders zu fahren.»

Holzski Coni Netzer

Inspiriert vom Ur-Ur-Urgrossvater

Später besuche ich Coni in seiner Werkstatt. Es riecht nach Holz und an den Wänden reihen sich die Skis, auch einige Langlaufskis. Was mich am meisten verblüfft, ist seine Skipresse, die ebenfalls Marke Eigenbau ist. Den nötigen Pressdruck erzeugt der Tüftler mit zwei ausgedienten Feuerwehrschläuchen. Es sieht alles ein wenig improvisiert aus, aber Coni ist ein absoluter Perfektionist und Millimeterarbeiter. Jede Holzleiste schaut er ganz genau an: Wie verlaufen die Jahresringe? Welche Leisten passen zueinander? Erst dann klebt er sie zusammen, um den Kern eines Skis zu fertigen.

BFW-Logo

Seinen Kunden erklärt Coni jeden Produktionsschritt ganz genau. Auch baut er für jeden Kunden immer zwei Paar Ski, damit dieser aus einem härteren und einem weicheren Modell wählen kann. Und natürlich kann man das Deckfurnier auswählen von Ahorn über Buche oder Esche bis Nussbaum. Am Schluss wird noch das BFW-Logo eingebrannt. Den Stempel dazu hat Coni im Familienhaus in Savognin gefunden, er gehörte seinem Ur-Ur-Urgrossvater: Baltermia Fidel Wasescha.

Holzski Coni Netzer

Wer selber sehen will, wie man Holzskis baut oder vielleicht welche kaufen möchte, kann sich bei Coni melden, z.B über Instagram «bfwski» oder bei mir. Er zeigt euch gerne seine Werkstatt.

Für mich war es eine interessante und sportliche Erfahrung und es hat mir grossen Spass gemacht.

Angraztg fitg ed alla proxima, Seraina

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